Lotus-Day 2024 - 14.-15.06.2024
Die Überschrift könnte missverstanden werden, denn eigentlich handelte es sich um eine zweitägige Veranstaltung. Und diejenigen, die eine längere Anreise hatten, waren mindestens drei Tage unterwegs. Das Event wurde von unserem Clubmitglied und Leiter des Lotus-Historic-Register-Germany, Siegfried Herrmann, geplant und fand an zwei unterschiedlichen Orten statt. Am 14. Juni stand der Besuch des „Nationalen Automuseums“ und am 15. Juni der Besuch des LOTUS Tech Innovation Centre in Raunheim auf dem Programm. Die grandiose Ausstellung ist auch unter der Bezeichnung „The Loh Collection“ bekannt, denn es handelt sich in der Tat um die private Sammlung von Professor Friedhelm Loh. Der Milliardär machte seine Sammlung im Juli 2023, also ziemlich genau vor einem Jahr, der Öffentlichkeit zugänglich. In einem historischen Industriegebäude in der Ortschaft Dietzhölztal-Ewersbach werden wahre „Juwelen“ aus vielen Jahren Automobilbau präsentiert.
Vorwort von Prof. Wolfgang Henseler: Das von der FIA preisgekrönte Automuseum umfasst 150 Oldtimer, Rennwagen, Prototypen und berühmte Klassiker. Die eigentliche Sammlung von Herrn Loh verfügt sogar über 500 Fahrzeuge mit einem Gesamtwert von mehr als 1 Milliarde Euro. Eine jährlich wechselnde und hervorragend kuratierte Sonderausstellung zu Themen wie „100 Jahre Le Mans“ (2023) oder in 2024 „Ferrari“ machen jeden Besuch zu einem wahren Erlebnis. Mit dem Hochschulcampus bietet das Nationale Automuseum zudem Zertifikatskurse zur Weiterbildung zum Thema „Car-Design“ oder „Gutachter für historische Fahrzeuge“ an. Im museumseigenen Kino werden spannende Autofilme gezeigt und über das Jahr verteilt finden informative Vorträge mit namhaften Persönlichkeiten oder Events mit Rennfahrern statt.
Einige Teilnehmer trafen sich bereits am Vorabend in einem der nahegelegenen Hotels. Ein Grüppchen besuchte nach kurzer Abstimmung schon mal das Restaurant „NEW YORK“ im Automuseum. Andere fuhren in das nahegelegene Herborn zum Abendessen, um der Empfehlung des ortskundigen Werner Kiehne zu folgen.
Lotus-Day Tag 1:
Am 14. Juni trafen ab 10:00 Uhr die Teilnehmer aus Nah und Fern auf dem weitläufigen Parkplatz des Nationalen Automuseums ein. Freundliche Helfer standen an der Einfahrt-Schranke bereit, um den Neuankömmlingen das Parkticket zu reichen. Insbesondere die Fahrer von rechtsgesteuerten Autos nahmen diesen Service dankend an.
Nachdem man sich gegenseitig begrüßt hatte, konnte jeder nach Lust und Laune das Museum erkunden. Es würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, auch nur ansatzweise beschreiben zu wollen, was der Besucher dort zu sehen bekommt. Alleine der sogenannte „Setzkasten“ an der Stirnwand der großen Halle ist atemberaubend und das nicht nur wegen der dort gestapelten Fahrzeuge. Der Clou an der Sache ist, dass man quasi auf Knopfdruck jedes beliebige Vehikel innerhalb kürzester Zeit an die Ausfahrt-Position bugsieren kann. Hierbei werden ggf. mehrere Autos, ähnlich wie beim Tetris-Spiel, in der Hoch- und Längsachse verschoben, bis sich der gewünschte Bolide an der vorgegebenen Position befindet.
Gegen 12:30 Uhr erwartete man uns im Restaurant „NEW YORK“. In gediegener Atmosphäre genossen wir das Mittagessen. Der nächste offizielle Programmpunkt war für 15:00 Uhr angesetzt.
In der Ferrari-Sonderausstellung, welche sich in der oberen Etage befindet, wurden wir von Tobias Reichle, einem der beiden Geschäftsführer der Loh-Collection, erwartet. Siegfried Herrmann sprach ein paar einführende Worte, dann erfuhren wir von Herrn Reichle viele Details über das Museum und dessen Entstehung. Zwischenfragen wurden gerne und ausführlich beantwortet. Zum krönenden Abschluss gewährte man uns noch einen Blick in die hauseigene Werkstatt. Dort werden alle Exponate gewartet, denn jedes ausgestellte Fahrzeug ist fahrtüchtig und wird auch regelmäßig artgerecht bewegt.
Gegen 17:00 Uhr wurde die individuelle Anreise nach Raunheim angetreten. Nach einer entspannten Fahrt auf leider teilweise regennassen Straßen, erreichten wir das Holiday Inn und trafen dort auf weitere Teilnehmer, die nur den zweiten Event-Tag gebucht hatten. Das Corner Steakhaus befindet sich unweit vom Hotel. Dort ließen wir den Abend ausklingen und waren schon sehr auf den nächsten Tag beim „LOTUS Tech Innovation Centre“ gespannt.
Lotus-Day Tag 2:
Nach einem ausgiebigen Frühstück im Holiday Inn, waren es nur wenige Minuten Fahrzeit, um das „LOTUS Tech Innovation Centre“ zu erreichen. Parkplätze waren in ausreichender Zahl für uns reserviert. Dort trafen dann auch diejenigen ein, die direkt von zuhause gestartet waren. Das Wetter war wesentlich besser als vorhergesagt. Ein recht starker Wind vertrieb glücklicherweise die Regenwolken.
Im Foyer des imposanten Gebäudes wurden die Gäste freundlich begrüßt. Linkerhand standen die aktuellen Modelle des Herstellers. Rechts lud eine Café-Ecke zum Verweilen ein. Mittig an der Rezeption bekam jeder Teilnehmer ein T-Shirt ausgehändigt. Dort konnte man sich auch für eine Probefahrt registrieren lassen und evtl. offene Fragen klären.
Nachdem sich alle Besucher einen ersten Überblick verschaffen konnten und sich in der Café-Ecke versorgt hatten, begrüßte der Vice President Communications Geely Europe, Frank Klaas (links), die Anwesenden. Siegfried Herrmann (rechts) sprach ebenfalls ein paar einleitende Worte.
Danach gaben uns Dr. Flavio Friesen (links), Chief Engineer Vehicle Integration und der Regional Vehicle Line Director, Sylvain Verstraeten (rechts) einen eindrucksvollen und umfassenden Einblick in ihre Arbeit an diesem Standort und sprachen über die Entwicklung der Modelle ELETRE und EMEYA.
Meng Zhu, die PR-Managerin für das „LOTUS Tech Innovation Centre“, hatte bereits im Vorfeld maßgeblich für das Zustandekommen unseres Besuchs in Raunheim die Fäden gezogen. Sie war es auch, die u.a. dafür sorgte, dass die fußläufig erreichbare Lufthansa-Kantine exklusiv für uns über die Mittagszeit geöffnet wurde.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Mehrzahl unserer Clubmitglieder und die gesamte Community, welche die Marke LOTUS liebt, dem Thema Elektromobilität und der damit verbundenen Neuausrichtung des Autoherstellers skeptisch gegenübersteht. Umso erfreulicher ist es, dass eine große Anzahl an Lotus-Enthusiasten der Einladung nach Raunheim gefolgt ist, um sich einen eigenen Eindruck von den neuen Modellen zu verschaffen. Das geht gewiss am besten, wenn man die Fahrzeuge selbst in „freier Wildbahn“ erlebt. Die Mitfahrgelegenheiten wurden also nicht nur für den EMIRA i4, sondern auch für die E-Modelle ELETRE und EMEYA mit großer Spannung reserviert. So waren die Lotus-Ingenieure und -Testfahrer ab dem späten Vormittag, bis zum Ende der Veranstaltung mit uns ununterbrochen unterwegs. Die Route verlief Innerorts, aber auch auf Bundesstraßen und Autobahnen. Während der Fahrt wurden Fragen der Passagiere fachkundig beantwortet. Somit konnte sich jeder seine eigene individuelle Meinung zu den neuen Modellen bilden.
Das Thema wird sicherlich auch zukünftig kontrovers diskutiert, aber diejenigen, die am 15. Juni nach Raunheim pilgerten, wissen nun worüber sie reden. Meine nun folgenden Ausführungen sind logischerweise subjektiv und müssen nicht zwingend mit der allgemeinen Meinung übereinstimmen.
Ich war als Beifahrer von den Fahrleistungen und den Features der E-Modelle beeindruckt. Eine Woche nach unserem Besuch in Raunheim, hatte ich die Gelegenheit einen EMEYA S und einen EMEYA R als Selbstfahrer jeweils einen Tag durch Bayern und Österreich zu bewegen. Die Aussage, dass man möglichst viele „Lotus-Gene“ in die neuen Modelle einfließen ließ, kann ich bestätigen. Das Gewicht und die schiere Größe lassen sich nicht wegdiskutieren, aber die Rückmeldung der Lenkung, das Ansprechverhalten der Bremsen und des gesamten Fahrwerks sind eines Lotus würdig. Die enorme Leistung von über 900 PS und die Allradlenkung des EMEYA R lassen das Fahrzeug gefühlt schrumpfen. Nur die Straßen erscheinen schmaler. In den Bergen gab die Carbon-Keramik Bremse ein sicheres Gefühl. Und wenn eine leistungsfähige Ladesäule zur Verfügung steht, ist die Ladegeschwindigkeit absolut atemberaubend. Ist also der EMEYA ein echter LOTUS? Meine Antwort lautet eindeutig JA, er ist aber nicht der sportliche Zweitwagen, mit dem man zu einem Club-Event fährt und einfach nur Spaß haben will. Diese Einschätzung lässt sich freilich auch auf den ELETRE übertragen. Es bleibt zu hoffen, dass Lotus bei seiner Modell-Politik in naher Zukunft auch wieder an den vorhandenen treuen Kundenkreis denkt und nicht nur neue Märkte im Visier hat.
Für unseren Besuch in Raunheim bleibt festzuhalten, dass Meng Zhu und ihre Kollegen ihre Zeit opferten, um uns an ihrem freien Samstag einen Einblick in die aktuelle Strategie von LOTUS zu gewähren. Dieses Engagement kann man nicht hoch genug schätzen und ich werte es als ein Zeichen dafür, dass man auch zukünftig an uns, als potentielle Käuferschicht, interessiert ist.
Quellennachweis
Text: Uwe M. Zerrweck
Fotos: Uwe M. Zerrweck